Ein „Vikinger“ in Dresden

Das seit dem 18. September 2003 im Terminal des Flughafens Dresden ausgestellte VIKING-Triebwerk ist kürzlich erworbenes Schmuckstück der „Lehrsammlung Raketentechnik“ des „Sächsischen Vereins für historisches Fluggerät e.V.“, die auch als Service-Einrichtung die Lehre an der TU Dresden unterstützt. Mit dem letzten Flug einer ARIANE 4 am 15. Februar 2003 ging der Wunsch des Vereins in Erfüllung, auch aktuelle Raketenmotoren in ihre Sammlung aufnehmen zu können.

Das VIKING ist Höhepunkt einer Entwicklungsrichtung, die in Sachsen begann. Ingenieurskunst von hier war oft entscheidend für die weltweite Raketenengenesis. Die TH Dresden z.B. war führend in der Brennkammerentwicklung. Gewissermaßen eine Brücke zum Heute stellt dieses Triebwerk dar. Hat doch der maßgebliche Konstrukteur des VIKING, Heinz Bringer, in der Nähe von Leipzig seine Jugend verbracht. Nach dem 2. Weltkrieg konnte er in Frankreich seine Träume verwirklichen.
Mit diesem „Strahlmotor“ schließt sich eine Lücke in der Lehrsammlung: Es reiht sich hier in eine einmalige Flüssigkeitsraketenmotorensammlung ein, die von den Anfängen der Raketenentwicklung in Deutschland (z.B. Aggregat 4/V2) bis hin zu den Antrieben der russischen Fliegerabwehrraketen (z.B. SA-2/Dwina) reicht. Zugehörige Einzelteile, wie Ventile, Kreisel, Druckspeicher etc. komplettieren diese einzigartige Sammlung.

Ein wahres Märchen…

Eines der letzten in Serien gefertigten VIKING-Triebwerke der ARIANE 4 wurde unserem Verein geschenkt!!! Rechtzeitig vor dem gesamtdeutschen „Tag der Raumfahrt 2003“ „lieferte“ SNECMA Moteurs das millionenschwere Stück hier in Dresden an und wurde freundlicherweise bei der IMA zwischengelagert. Herr Leboucher von der Öffentlichkeitsarbeit reiste extra dafür an und vollzog den offiziellen Akt. Es war wie Weihnachten und Ostern zusammen – ich kann es immer noch nicht glauben, dass wieder ein Traum realisiert ist...
   

Noch eine Kurzgeschichte dazu: Möglich wurde das nur über die guten Kontakte, die ich mir durch meine Veröffentlichungen über deutsche Raketenexperten im Ausland, hier nun speziell der französischen „Auswanderungsrichtung“, aufbauen konnte. So wusste ich auch bald, dass MAN Technologie in Augsburg die Turbopumpe nebst Gasgenerator fertigte. Während der aktiven Arbeitsphase der ARIANE 4 stellte man selbstverständlich kein „Ausschuss“ her, so dass auch Anschauungsstücke für die Lehre hier an der TU Dresden völlig illusorisch waren. Doch man erinnerte sich an mich und vor einem Jahr erhielt ich einen Anruf aus Augsburg, ob ich denn immer noch Interesse an den Teilen der VIKING hätte. Das selbstverständlich bejahend und auch gegenüber meinem Gesprächspartner am anderen Ende der Telefonleitung bestätigend, dass ich sitze, meinte er: „Hätten Sie auch Interesse an einem ganzen Triebwerk....???“ Und er erzählte mir von einem Gespräch mit einem Fachkollegen in Vernon bei Snecma Moteurs. Sie seien sich einig, dass nach erfolgreichem letzten Flug der ARIANE 4 die übrig gebliebenen Garantiebauteile zusammengeschraubt und einer gemeinnützigen Verwendung zugeführt werden. Am 11. September erreichte der „letzte Wikinger“ seinen Hafen Dresden.

 

Am 18. September luden wir das Triebwerk auf einen PKW-Anhänger und zogen es um 21:00 MESZ über das Parkhaus des Flughafen-Terminals über die Fußgängerbrücke in die Abflugebene.
Dort stellten es die Ratschaisenträger auf das Podest, was bis dahin Flugzeugteilen des in Dresden gebauten Strahlflugzeuges 152 vorbehalten war. Diese Teile werden demnächst an anderer Stelle im Flughafen gezeigt. Bis Ende 2004 darf der „Wikinger“ im Flughafen stehen, dürfen wir Podest und Präsentationstafeln nutzen. Mit diesem Blickfang will ich kräftig für uns werben.
Zum „Tag der Raumfahrt“ am 20. September 2003 schließlich hielt ich bei zwei Vorträgen vor insgesamt rund 60 sehr interessierten Zuhörern/Zuschauern einen Vortrag zur ARIANE und zum VIKING-Triebwerk.
Allen, die diese Einmaligkeit ermöglichten und unterstützten, sei hiermit gedankt.

VIKING wird eingelagert

Der 22. September 2005 wurde für uns zu einem, hoffentlich schnell vorübergehenden traurigen Tag: Logistische Probleme bewirkten, dass der Standort im Flughafen Dresden geräumt werden musste. In altbewährter Weise unterstützten die Dresdner Ratschaisenträger diese Aktion.

Im Verlaufe der exakt zwei Standjahre hatte ich mit Präsentationen am Triebwerk die regulären Vorlesungen und die im studium generale, zu den Tagen der Raumfahrt und meine Weihnachtsvorlesungen, insgesamt an 11 Tagen/Abenden hunderte Zuhörer an die Geschichte des VIKING herangeführt. Mein Dank gilt besonders dem Flughafen Dresden, der so uneigennützig dies unterstützte.

Nun können wir nur alle hoffen, dass uns der Schauplatz wieder gewährt, oder eine andere Stelle uns angeboten wird. Wer uns dabei behilflich sein will – kurze e-Mail an mich. Bitte verstehen Sie aber, dass ich es in Dresden belassen möchte.

Olaf Przybilski

Wer mehr über die Lehrsammlung wissen oder sehen will, bzw. mitarbeiten möchte, kontaktiere mich bitte. Wem die Experten der Rakete interessieren, kann ausführlich unter www.Raketenspezialisten.de nachlesen.


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